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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats November 2009

1.

Gewinn bei Einbringung eines Grundstückshandelsbetriebs in GmbH

2.

Besteuerung von Jahreswagen

3.

Widerruf eines Steuerbescheids vor dem Zugang beim Empfänger

4.

Kein Geld für Laser-OP

5.

Beihilfe zur Steuerhinterziehung bei fehlenden Haupttätern

6.

Verein: Satzungsänderung verkürzt Vorstandsamtsperiode

7.

Klageerhebung per E-Mail in NRW ohne qualifizierte digitale Signatur

8.

"Riesterzulage" nur bei eigenem Altersvorsorgevertrag für Ehegatte

9.

2-fache steuerrechtliche Förderung: Neubauten als "Denkmäler"

10.

Schadensersatzprozess über 2 Jahrzehnte ist verfassungswidrig

11.

Vorschriften über "Riester-Zulage" teilweise gemeinschaftsrechtswidrig

12.

Ausschlagung von werthaltiger Erbschaft durch Sozialleistungsempfänger

13.

Die Vereinsrechtsreform kommt

14.

Abzugsverbot für häusliches Arbeitszimmer: BFH äußert Zweifel

15.

Insolvenzverwalter darf nur ausnahmsweise Lohn zurückverlangen



1. Gewinn bei Einbringung eines Grundstückshandelsbetriebs in GmbH

Kernproblem
Die Veräußerung von mehr als 3 Objekten innerhalb von 5 Jahren führt grundsätzlich dazu, dass keine private Vermögensverwaltung mehr vorliegt, sondern bereits ein gewerblicher Grundstückshandel. Anstelle einer steuerfreien Veräußerung außerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist entsteht bei der Veräußerung ein laufender, gewerbesteuerpflichtiger Gewinn. Dieser 3-Objekt-Grenze kommt allerdings nur Indizwirkung zu. Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt bereits vor, wenn weniger als 4 Objekte, aber dafür mit unbedingter Veräußerungsabsicht erworben wurden.

Sachverhalt
Ein Miteigentumsanteil an einer Wohnung sollte sowohl baulich als auch rechtlich in 5 Wohnungen aufgeteilt werden. Bevor die Teilung vollzogen war, brachte der Eigentümer den noch ungeteilten Miteigentumsanteil in eine GmbH ein. Die GmbH, dessen Alleingesellschafter der Steuerpflichtige ist, veräußerte sämtliche Wohnungen innerhalb von 5 Jahren.

Entscheidung
Der BFH sieht eine unbedingte Veräußerungsabsicht als objektiv gegeben an. Nach den Umständen des Streitfalls habe der Steuerpflichtige von Anfang an beabsichtigt, die erworbene Wohnung zu teilen, um anschließend die neu entstandenen Wohnungen zu veräußern. Seit Erwerb ist der Miteigentumsanteil Bestandteil des Umlaufvermögens eines gewerblichen Grundstückshandels. Die Einbringung stellt einen Veräußerungstatbestand dar, der auch gewerbesteuerpflichtig ist.

Konsequenz
Eine unbedingte Veräußerungsabsicht lässt sich nur schwer objektivieren und in Fallgestaltungen untergliedern. Dies zeigen auch die zahlreichen Urteile des BFH: Entscheidend sind regelmäßig die konkreten Umstände des Einzelfalls.


2. Besteuerung von Jahreswagen

Kernproblem
Zum Arbeitslohn gehören auch Vorteile, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer durch verbilligte Überlassung von Waren oder Dienstleistungen einräumt. Handelt es sich dabei um Leistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, kann neben dem Bewertungsabschlag von 4 % zudem ein steuerfreier Rabattfreibetrag von 1.080 EUR in Abzug gebracht werden. Ob überhaupt ein Vorteil vorliegt, bestimmt sich nach dem fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angebotenen Endpreis. Das ist häufig der unabhängig von Rabattgewährungen ausgewiesene Preis, sofern nicht nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Geschäftsverkehr tatsächlich ein niedrigerer Preis gefordert wird. Insbesondere die Rabattgewährung der Automobilhersteller an eigene Mitarbeiter führt in der Praxis immer wieder zu unterschiedlichen Auffassungen und damit zum Streit mit dem Finanzamt, denn die vom Markt erwarteten Kundenrabatte sind hier i. d. R. sehr hoch.

Sachverhalt
Der Arbeitnehmer eines Automobilherstellers hatte von diesem ein Neufahrzeug mit einem Listenpreis (unverbindliche Preisempfehlung) von 17.917 EUR zu einem Kaufpreis von 15.032 EUR erworben. Der Arbeitgeber ging jedoch (vor Bewertungsabschlag und Rabattfreibetrag) von einem üblichen Hauspreis von 17.200 EUR aus, was das Finanzamt beanstandete. Der Preis war auch nicht weltfremd, denn im Streitjahr gewährten die Autohäuser schon ohne Preis- und Vertragsverhandlungen einen Rabatt von 8 % auf die unverbindliche Preisempfehlung, was einem Endpreis von 16.483 EUR entsprach.

Entscheidung
Nach der Entscheidung des BFH bildet der Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angebotene (hier um 8 % geminderte) Preis die Ausgangslage für die Ermittlung des geldwerten Vorteils. Der für die Vorteilsbemessung zu suchende Preis sei kein typisierter und pauschalierter Wert, wie etwa der inländische Listenpreis, der bei Ermittlung der Vorteile einer Dienstwagengestellung Berücksichtigung findet. Von daher seien die in den unverbindlichen Preisempfehlungen der Automobilhersteller angegebenen Verkaufspreise stets ungeeignet, die von Arbeitnehmern zu versteuernden Vorteile aus einem Jahreswagenrabatt zu bestimmen.

Konsequenz
Nach dieser Entscheidung ging das Finanzamt komplett leer aus. Denn nach Abzug des gesetzlichen Bewertungsabschlags von 4 % auf den üblichen Endpreis von 16.483 EUR lag der Vorteil des Arbeitnehmers unter dem Rabattfreibetrag.


3. Widerruf eines Steuerbescheids vor dem Zugang beim Empfänger

Kernaussage
Teilt der Sachbearbeiter nach Aufgabe des Steuerbescheids zur Post, aber vor dessen Zugang, dem Empfangsbevollmächtigten telefonisch mit, der Bescheid sei falsch und solle deshalb nicht bekanntgegeben werden, wird dieser trotz des späteren Zugangs nicht wirksam.

Nimmt ein nicht zur Entgegennahme von Willenserklärungen ermächtigter Mitarbeiter des Empfangsbevollmächtigten die Mitteilung entgegen, ist diese zu dem Zeitpunkt zugegangen, zu dem unter regelmäßigen Umständen damit zu rechnen ist, dass der Mitarbeiter als Empfangsbote die Mitteilung weiterleitet.

Sachverhalt
Gegen den Kläger wurden seitens des beklagten Finanzamts Aussetzungszinsen festgesetzt. Die Poststelle gab den Bescheid am Vormittag des 6.10.2005 zur Post. Danach merkte der Sachbearbeiter, dass er von einem unrichtigen Zinsbeginn ausgegangen war und rief am selben Tag bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers an. Er teilte einem dortigen Mitarbeiter mit, dass der Bescheid wegen des Fehlers nicht bekannt gegeben werden solle und ein neuer erlassen werde. Mit Bescheid vom 17.10.2005 setzte der Beklagte sodann höhere Zinsen fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, der 2. Bescheid hätte nicht erlassen werden dürfen, da der vorausgegangene wirksam geworden sei. Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Beklagten war begründet.

Entscheidung
Ein Zinsbescheid wird erst mit der Bekanntgabe an denjenigen, für den er bestimmt ist, wirksam. Ein Bescheid wird aber dann nicht wirksam, wenn die Behörde dem Empfänger vor oder mit dem Zugang mitteilt, dass der Bescheid nicht gelten soll. Nach der auch hier geltenden zivilrechtlichen Vorschrift (§ 130 BGB) wird ein Verwaltungsakt nur dann mit dem Zugang beim Empfänger wirksam, wenn ihm nicht vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Für den Widerruf reicht eine mündliche Mitteilung aus. Für den Fall, dass Zweifel bestehen, ob und wann das Finanzamt den Widerruf mitgeteilt hat, liegt die Beweislast bei der Behörde.

Konsequenz
Der erste Bescheid war wegen des erfolgten Widerrufs durch den Beklagten nicht wirksam geworden. Der Korrekturbescheid galt daher als erstmaliger Zinsbescheid, so dass der Beklagte die Zinsen abweichend vom vorangegangenen Bescheid festsetzen durfte.


4. Kein Geld für Laser-OP

Kernaussage
Eine Lasik-Operation zur Behandlung von Fehlsichtigkeiten ist keine medizinisch notwendige Heilbehandlungsmaßnahme. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten durch die private Krankenversicherung besteht nicht.

Sachverhalt
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine private Krankenversicherung. Versichert waren die medizinisch notwendigen Heilbehandlungen wegen Krankheit. Im Jahr 2008 unterzog sich der Kläger einer sog. Lasik-Operation, um seine Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Die Kosten dafür i. H. v. 4.324 EUR verlangte er von seiner Versicherung ersetzt. Diese weigerte sich, die Kosten zu übernehmen, da keine Krankheit vorgelegen habe. Im Übrigen sei die Operation nicht medizinisch notwendig; sie berge auch erhebliche Risiken. Das Amtsgericht wies die Klage ab.

Entscheidung
Nach Ansicht des Gerichts fehlt es an der medizinischen Notwendigkeit der Operation. Eine Heilbehandlungsmaßnahme ist dann medizinisch notwendig, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu bessern oder zu lindern. Medizinisch notwendig kann eine Behandlung auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht vorhersehbar ist. Zwar werden Lasik-Operationen heute zur Behandlung von Fehlsichtigkeiten häufig herangezogen, aber solche Behandlungen sind mit einem derart übergroßen Risiko verbunden, dass sie nicht mehr als medizinisch notwendig charakterisiert werden können. Bei der Durchführung einer Laseroperation bestehen zahlreiche Risiken, die beim Tragen einer Brille nicht auftreten. Sie kann im Einzelfall zu schweren Sehstörungen bis hin zur Erblindung führen. Eine Brille hingegen gleicht die Fehlsichtigkeit ohne Risiko aus. Darüber hinaus muss oftmals trotz der Operation vom Patienten noch eine Brille zum Ausgleich der verbliebenen Sehschwäche getragen werden, die als erforderliches Hilfsmittel vom Versicherer zu bezahlen ist. Die Laser-Operation ist eher als Schönheits-OP einzustufen.

Konsequenz
Wird durch eine Operation lediglich die Fehlsichtigkeit korrigiert, die auch durch das Tragen einer Brille ausgeglichen werden kann, muss die Kasse die Kosten nicht übernehmen.


5. Beihilfe zur Steuerhinterziehung bei fehlenden Haupttätern

Kernaussage
Die Haftung des Leiters der Wertpapierabteilung eines Kreditinstituts für hinterzogene Steuern von Wertpapierkunden ist zweifelhaft, wenn die Steuerhinterziehung nicht individuell festgestellt werden kann.

Sachverhalt
Mit dem streitgegenständlichen angefochtenen Haftungsbescheid wurde der antragstellende Leiter der Wertpapierabteilung eines Kreditinstituts vom Antragsgegner, dem Finanzamt, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung (§ 71 AO) in Haftung genommen. Auf seine Initiative hin und mit seiner Billigung waren in zahlreichen Fällen Wertpapiere anonym ins Ausland übertragen worden, um die späteren Erträge der deutschen Besteuerung endgültig zu entziehen. Der Antragsgegner hatte trotz Kooperation des Kreditinstituts die betreffenden Steuerpflichtigen zwar nicht ermitteln können. Er hatte aber aufgrund von statistischen Auswertungen seiner bei anderen Steuerpflichtigen getroffenen Feststellungen die Höhe der hinterzogenen Einkommensteuer geschätzt und - vermindert um einen Abschlag von 25 % - zur Grundlage des angefochtenen Haftungsbescheids gemacht. Das FG lehnte den hiergegen gerichteten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheids bis zum Ende des finanzgerichtlichen Verfahrens ab. Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers hob der BFH den Beschluss des FG auf.

Entscheidung
Der BFH hatte bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel, ob der Haftungsbescheid rechtmäßig ist. Es ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt, welche Auswirkungen es für die Haftung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung hat, wenn die mutmaßlichen Haupttäter einer Steuerhinterziehung nicht ermittelt werden können und folglich nicht individuell festgestellt werden kann, ob eine Steuerhinterziehung überhaupt begangen und welche Steuer dadurch konkret hinterzogen wurde.

Konsequenz
Die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids war zu gewähren. Es war zweifelhaft, ob sich das Vorliegen einer Steuerhinterziehung im Einzelfall mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsaussagen begründen lässt und ob eine statistisch belastbare Aussage über das Verhalten von Wertpapierinhabern getroffen werden kann.


6. Verein: Satzungsänderung verkürzt Vorstandsamtsperiode

Kernfrage/Rechtslage
Bei einem eingetragenen Verein werden Satzungsänderungen mit Eintragung des Beschlusses über die Satzungsänderung in das Vereinsregister wirksam. Das bedeutet, dass mit dem Tag der Eintragung in das Vereinsregister das Vereinsleben alleine durch die Satzung in ihrer ab dann geltenden Fassung bestimmt wird und von den Vereinsorganen beachtet werden muss. Das Landgericht Koblenz hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob eine Satzungsänderung eine so weitreichende Konsequenz hat, dass auch die Amtszeit des nach der alten Satzung gewählten Vorstandes verkürzt wird.

Entscheidung
Der Vereinsvorstand war satzungsgemäß im Jahre 2006 für 4 Jahre gewählt worden. Im Folgejahr beschloss die Mitgliederversammlung durch Satzungsänderung, dass die Amtszeit des Vorstandes zukünftig nur noch 2 Jahre betragen solle. Für die Gesellschafterversammlung des Jahres 2008 sah die Tagesordnung nicht den Punkt "Neuwahlen des Vorstandes" vor. Ein entsprechendes Begehren aus dem Mitgliederkreis wurde zurückgewiesen. Nachdem die Mitgliederversammlung ohne Neuwahl stattgefunden hatte, klagte ein Teil der Mitglieder auf Feststellung der Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse und auf Durchführung einer neuen Mitgliederversammlung zum Punkt "Neuwahlen des Vorstandes". Das Landgericht Koblenz gab dem Klagebegehren Recht. Das Wirksamwerden von Satzungsänderungen durchbricht auch nach alter Satzung rechtskräftig gefasste Beschlüsse der Mitgliederversammlung. Ab dem Datum der Eintragung in das Vereinsregister ist alleine die neue Fassung der Satzung maßgeblich.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt nicht zuletzt den Stellenwert öffentlicher Register. Ist die Eintragung in das Vereinsregister erfolgt, kann nur die mit der Eintragung wirksam gewordene Satzung rechtsverbindlich sein. Will man nach alter Satzungsfassung getroffene Beschlüsse "retten", muss dies bei der Beschlussfassung über die Neufassung berücksichtigt werden.


7. Klageerhebung per E-Mail in NRW ohne qualifizierte digitale Signatur

Kernproblem
Im modernen EDV-Zeitalter wird der Schriftverkehr im allgemeinen Geschäftsleben zunehmend per E-Mail geführt. Um die Integrität und Authentizität eines per E-Mail versandten Dokuments sicherzustellen, wurde die sog. qualifizierte digitale Signatur eingeführt, die an die Stelle der eigenhändigen Unterschrift tritt.

Sachverhalt
Die Klägerin erhob Klage gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung ihres Finanzamts. Die Übermittlung der Klageschrift an das Finanzgericht erfolgte per E-Mail, allerdings ohne Verwendung einer digitalen Signatur. Die E-Mail enthielt ein Anschreiben sowie die Klageschrift als Textdatei in einem Anhang und wurde, nachdem sie im elektronischen Postfach des FG eingegangen war, noch am gleichen Tag ausgedruckt. Das FG hatte sich der Frage anzunehmen, ob die Klageschrift wirksam zugegangen war.

Entscheidung des FG Düsseldorf
Das FG entschied, dass die Klageerhebung per E-Mail wirksam erfolgte. Der elektronische Rechtsverkehr mit den Finanzgerichten ist in der Finanzgerichtsordnung (FGO) geregelt. Danach können die Beteiligten dem Gericht elektronische Dokumente übermitteln, soweit dies durch Rechtsverordnung der Bundes- und Landesregierungen zugelassen ist. Weder der FGO noch der für das Land NRW geltenden "Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und Finanzgerichten im Lande NRW" (ERVVO) sei zu entnehmen, dass die Verfahrensbeteiligten bei Übermittlung der Dokumente zwingend eine qualifizierte digitale Signatur beizufügen hätten. Bei der in § 52a Abs. 1 Satz 3 FGO vorgesehenen Regelung, wonach für die dort genannten Dokumente eine entsprechende Signatur vorzuschreiben ist, handele es sich nach dem klaren Wortlaut um eine Vorgabe an den Verordnungsgeber, nicht aber um eine von den Verfahrensbeteiligten unmittelbar zu beachtende Vorschrift. Im Übrigen sah das Gericht nach dem Inhalt der E-Mail keine Anhaltspunkte für etwaige Zweifel an der Authentizität und Identität der Klägerin.

Konsequenz
Das FG lehnt sich in seinen Entscheidungsgründen einem entsprechenden BFH-Beschluss aus März 2009 an. Dieser hatte entschieden, dass auch die elektronische Einlegung von Rechtsmitteln beim BFH keine qualifizierte digitale Signatur erfordert. Die Entscheidung ist begrüßenswert, denn es sind keine Gründe erkennbar, warum die Klageerhebung per E-Mail strengeren Formerfordernissen unterliegen sollte als die Klageerhebung via Telegramm und Computerfax, die bereits seit langem anerkannt sind.


8. "Riesterzulage" nur bei eigenem Altersvorsorgevertrag für Ehegatte

Kernproblem
Die sog. "Riesterrente" soll einen Anreiz schaffen, zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung eine private kapitalgedeckte Altersvorsorge aufzubauen. Durch Förderung mittels steuerfreier staatlicher Zulagen sollen Personen begünstigt werden, bei denen das Rentenniveau zur Stabilisierung der Rentenversicherungsbeiträge abgesenkt wurde. Bei zusammenveranlagten Eheleuten, bei denen nur einer die Voraussetzung für eine staatliche Förderung erfüllt, ist auch der andere Ehegatte zulageberechtigt, wenn ein auf seinen Namen lautender Altersvorsorgevertrag besteht (sog. mittelbare Zulageberechtigung).

Sachverhalt
Die Klägerin, als Mitglied eines Versorgungswerks nicht gesetzlich rentenversicherungspflichtig, schloss bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder einen Versicherungsvertrag über Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente ab. Ihr gesetzlich rentenversicherungspflichtiger Ehemann erbringt Altersvorsorgebeiträge auf einen bei einer Pensionskasse abgeschlossenen Vertrag. Die von der Klägerin begehrte staatliche Zulage wurde von der Deutschen Rentenversicherung Bund (Beklagter) abgelehnt, da es sich bei ihrem Vertrag nicht um einen privaten zertifizierten Altersversorgungsvertrag handelt.

Entscheidung des BFH
Der BFH folgte der Auffassung des Beklagten und versagte die Zulageberechtigung der Klägerin. Eine unmittelbare Zulageberechtigung scheitere schon daran, dass die Klägerin als rentenversicherungsfreies Mitglied eines Versorgungswerks gerade keine Kürzung des ihr zukünftig zustehenden Rentenniveaus hinzunehmen habe und insoweit nicht förderungswürdig sei. Auch eine mittelbare Zulageberechtigung könne die Klägerin nicht geltend machen, da dies zwingend einen auf den Namen des mittelbar Berechtigten bestehenden Altersversorgungsvertrag voraussetzt. Der Begriff des Altersversorgungsvertrags ist in § 82 Abs. 1 EStG legal definiert und umfasst nur Verträge, die nach § 5 AltZertG zertifiziert sind. Bei dem von der Klägerin abgeschlossenen Vertrag handelte es sich um einen Vertrag der betrieblichen Altersversorgung, nicht jedoch um einen zertifizierten Altersversorgungsvertrag i. S. d. Gesetzes.

Konsequenz
Der BFH setzt sich in seiner Begründung dezidiert mit der Begriffsabgrenzung "betriebliche Versorgungsverträge" und "Altersversorgungsverträge" auseinander und betont, dass die Nichteinbeziehung der betrieblichen Altersversorgung in den Bereich der mittelbaren Zulagenförderung bei Eheleuten kein gesetzgeberisches Versehen, sondern eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung war.


9. 2-fache steuerrechtliche Förderung: Neubauten als "Denkmäler"

Kernproblem
Im Steuerrecht können erhebliche Umbauarbeiten an einem bestehenden Gebäude zu einem Neubau im bautechnischen Sinne führen. Nicht selten bringt das auch Vorteile, z. B. bei der mittlerweile auslaufenden Eigenheimzulage oder degressiven Gebäude-Abschreibung, die Neubauten ganz klar bevorzugen. Bei einem Baudenkmal dagegen widerspricht der Neubau einer steuerlichen Sonderförderung, die das EStG durch erhöhte Absetzungen (bei Selbstnutzung: zusätzliche Sonderausgaben) vorsieht. Aber wie ist der Begriff des Neubaus dort auszulegen?

Sachverhalt
Der Kläger hatte ein Fachwerkhaus für kleines Geld erworben und umfangreich für eigene Wohnzwecke saniert. So wurde u. a. das Gebäude entkernt, wesentliche tragfähige Bauteile erneuert und die Holzbalkendecke ersetzt. Bautechnisch handelte es sich unstreitig um einen Neubau. Das Finanzamt gewährte die Eigenheimzulage für Neubauten. Die daneben beantragte Förderung für Baudenkmäler lehnte es jedoch ab, und das, obwohl die dafür notwendige Bescheinigung der Denkmalbehörde vorgelegt wurde. Die Entscheidung traf das Finanzamt, unabhängig von der Frage, ob die Aufwendungen bereits in der Bemessungsgrundlage der Eigenheimzulage enthalten waren, vom Grundsatz her: Ein Neubau schließe die Förderung aus.

Entscheidung
Der BFH sieht das anders. Zwar seien der Wiederaufbau oder die völlige Neuerrichtung des Gebäudes nicht begünstigt, weil es gerade um die Erhaltung des bestehenden Denkmals ginge. Der kulturhistorische Zweck der steuerlichen Förderung rechtfertige es jedoch, den Begriff des Neubaus insoweit einzuschränken, dass hierunter nicht unweigerlich der steuerrechtliche Neubau im bautechnischen Sinn falle. Inwieweit die Bescheinigung der Denkmalbehörde die Verwaltung binde, hänge von deren konkreten Inhalt ab. Im Regelfall enthielte die Bescheinigung den Hinweis, dass die steuerrechtlichen Fragen allein von der Finanzbehörde zu prüfen seien. Im Streitfall jedoch fehlte der einschränkende Hinweis. Deshalb war nach Auffassung des BFH das Finanzamt hinsichtlich des Abzugsbetrags für das Denkmal (weil Grundlagenbescheid) umfassend gebunden.

Konsequenz
Zu beachten ist: Die selbe Baumaßnahme schließt die gleichzeitige Inanspruchnahme einer Förderung von Baudenkmälern neben allgemeinen steuerlichen Vergünstigungen nicht aus. Die Doppelförderung derselben Aufwendungen ist dagegen nicht möglich. Hier ist dann die Einschränkung eines Antrags zu prüfen, um die daneben bestehende Förderung des Denkmals nicht zu gefährden.


10. Schadensersatzprozess über 2 Jahrzehnte ist verfassungswidrig

Kernaussage
Gerichte haben die Pflicht, Verfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen. Die Angemessenheit der Dauer ergibt sich indes nicht aus allgemeingültigen Zeitvorgaben, sondern muss nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.

Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin war Eigentümerin mehrerer Grundstücke, die 1986 versteigert wurden, nachdem die im Ausgangsverfahren beklagte Bank ihre Kreditzusage am Tag der Versteigerung zurückgezogen hatte. 1987 klagte die Beschwerdeführerin gegen die Bank auf Schadensersatz, weil die Grundstücke ihrer Meinung nach weit unter Wert verschleudert worden seien. 1990 gab das OLG der Klage teilweise statt und verwies die Sache zur Entscheidung über die Höhe an das LG zurück. Eine Entscheidung steht bis heute aus. Von 1991 bis 1993 wurde das Verfahren wegen schwebender Vergleichsverhandlungen nicht fortgeführt. Währenddessen wechselte die Beschwerdeführerin mehrfach den Prozessbevollmächtigten und stellte mehrere Befangenheitsanträge gegen Richter. Nach der Erstattung eines Gutachtens in 2008 lehnte die Beschwerdeführerin den Sachverständigen erfolgreich als befangen ab, das LG ordnete die erneute Einholung eines Gutachtens an. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügte die Beschwerdeführerin die überlange Verfahrensdauer.

Entscheidung
Die bisherige Dauer begründete einen Verstoß gegen das Grundrecht der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) und damit einen Verfassungsverstoß. Aus dem verfassungsrechtlich verankerten Rechtsstaatsprinzip lässt sich eine Verpflichtung der Fachgerichte ableiten, Gerichtsverfahren in einer angemessenen Zeit zu Ende zu bringen. Zwar hat die Beschwerdeführerin selbst zur Länge des Verfahrens beigetragen, dennoch ist es verfassungsrechtlich nicht akzeptabel, dass der Abschluss eines erstinstanzlichen Verfahrens nach 22 Jahren noch nicht absehbar ist. Das LG hätte sämtliche Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung nutzen und sich gegebenenfalls um gerichtsinterne Entlastungsmaßnahmen bemühen müssen.

Konsequenz
Das LG muss nun unverzüglich geeignete Maßnahmen ergreifen, um das anhängige Verfahren zu einem möglichst raschen Abschluss zu bringen.


11. Vorschriften über "Riester-Zulage" teilweise gemeinschaftsrechtswidrig

Kernproblem
Zu Beginn des Jahres 2002 wurde in Deutschland neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Altersversorgung die sog. "Riesterrente" als dritte Säule der Altersversorgung eingeführt. Der Aufbau der privaten Altersvorsorge wird mittels steuerfreier staatlicher Zulagen gefördert, soweit die Antragsteller in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind. Darüber hinaus eröffnet das Eigenheimrentengesetz die Möglichkeit, aus bestehenden Riester-Anlagen Kapital entnehmen zu können, um es für die Finanzierung von Wohneigentum zu verwenden (sog. Wohnriester).

Sachverhalt
Bereits im Jahr 2007 hatte die EU-Kommission Klage vor dem EuGH gegen die deutschen Riester-Regelungen eingereicht. Sie rügte dabei insbesondere, dass die staatliche Zulage für Riester-Sparverträge nur erhält, wer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist. Außerdem bemängelte die Kommission, dass bereits gezahlte Förderbeträge dann zurückgefordert werden können, wenn Empfänger einer Riester-Rente nach deren Auszahlungsbeginn ins Ausland umziehen und damit die Steuerpflicht in Deutschland entfällt. Auch die Regelung, dass das Kapital aus einem Wohnriester-Vertrag bei Auszahlung nur für die Finanzierung von Wohnungen innerhalb Deutschlands verwendet werden darf, beurteilte die Kommission als Verstoß gegen das Freizügigkeitsrecht sowie das Diskriminierungsverbot.

Entscheidung des EuGH
Der EuGH hat die Rechtsauffassung der EU-Kommission in seinem Urteil in vollem Umfang bestätigt und der Klage stattgegeben. Die Beschränkung der Riester-Zulage auf in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer komme einem Wohnsitzerfordernis gleich und diskriminiere Grenzgänger, die im EU-Ausland wohnen und zur Arbeit nach Deutschland pendeln. Auch die Beschränkung der Wohnriesterförderung auf inländische Immobilien stelle eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar. Die Verpflichtung auf Rückzahlung der erhaltenen Zulagen im Falle des Wegzugs aus Deutschland benachteilige zudem Wanderarbeitnehmer, bei denen die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass sie ins Ausland zurückkehren. Im Übrigen seien die Vorschriften geeignet, deutsche Staatsangehörige davon abzuhalten, ins EU-Ausland zu ziehen, was eine Verletzung des Rechts auf Freizügigkeit bedeute.

Konsequenz
Wer nach bisherigem Recht keinen Anspruch auf Riester-Förderung hat und sie deshalb auch nicht beantragt hat, kann sich jetzt mit einem Zulagen-Antrag die Förderung sichern, wenn sie ihm nach dem EuGH-Urteil zusteht. Wer wegen des Wegzugs aus Deutschland einen Rückzahlungsbescheid für bereits gewährte Riester-Förderung bekommt, sollte unter Hinweis auf das EuGH-Urteil gegen diesen Bescheid Einspruch einlegen.


12. Ausschlagung von werthaltiger Erbschaft durch Sozialleistungsempfänger

Kernfrage/Rechtslage
Die Frage, ob ein Empfänger von Sozialhilfeleistungen eine werthaltige Erbschaft ausschlagen kann, ist nicht nur streitanfällig, sondern in der Rechtsprechung uneinheitlich entschieden. Motiv für eine solche Ausschlagung ist, dass der Sozialleistungsträger einen gesetzlich verankerten Überleitungsanspruch hat. Das bedeutet, der Sozialhilfeträger kann den Erbanspruch auf sich überleiten, so dass dem Leistungsempfänger im Ergebnis nichts verbleibt. Regelmäßig schlägt der Leistungsempfänger daher zugunsten eines anderen Erben aus und erhält hierfür Leistungen, auf die der Sozialleistungsträger nicht zugreifen kann. Über die Sittenwidrigkeit einer Ausschlagung in einer ähnlichen Fallkonstellation hatte nunmehr das Oberlandesgericht zu entscheiden.

Entscheidung
Ein schwerbehinderter, Sozialleistungen beziehender Erbe schlug, vertreten durch seinen Betreuer, eine werthaltige Erbschaft zugunsten eines anderen Erben aus, der sich im Gegenzug zu baren und unbaren Leistungen gegenüber dem Ausschlagenden vertraglich verpflichtete, soweit der Sozialleistungsträger hierauf nicht zugreifen konnte. Die erforderliche gerichtliche Genehmigung zu Ausschlagung und Vertrag wurde vom Vormundschaftsgericht verweigert und diese Entscheidung zuletzt vom Oberlandesgericht Hamm bestätigt. Die Ausschlagung sei alleine dadurch motiviert, den Überleitungsanspruch des Sozialleistungsträgers zu verhindern. Damit liege Sittenwidrigkeit vor, so dass die Genehmigung zu versagen sei.

Konsequenz
Die Entscheidung unterstützt die in der Rechtsprechung wohl überwiegende Meinung, die skizzierten Gestaltungen als sittenwidrig anzusehen. Abweichende Entscheidungen existieren. Von der Literatur wird die vom Oberlandesgericht Hamm vertretene Meinung heftig kritisiert. Was die Entscheidung zeigt, ist die Notwendigkeit testamentarischer Vorsorge. Liegen Anzeichen dafür vor, dass ein Erbe sozialleistungsbedürftig wird, kann die richtige Testamentsgestaltung die Ansprüche des Sozialleistungsträgers wirksam abwehren. Im konkreten Fall wäre ein sog. Behindertentestament angezeigt gewesen.


13. Die Vereinsrechtsreform kommt

Vereinsrechtsreform passiert den Bundesrat
Der Bundesrat hat am 18.9.2009 den Weg für Veränderungen im Vereinsrecht freigemacht. Die Neuregelungen sehen insbesondere eine Haftungsbegrenzung für ehrenamtlich tätige Vereinsvorstände vor. Ferner wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Bundesländer künftig alternativ zu Anmeldungen in Papierform elektronische Anmeldungen zum Vereinsregister einführen können. Hintergrund der Neuregelungen ist die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Ehrenamts. Ziel ist es, das Engagement der ehrenamtlich Tätigen zu unterstützen und zu fördern.

Haftungsbegrenzung für Vereinsvorstände
Der neue § 31a BGB beinhaltet eine angemessene Haftungserleichterung für Vereins- und Stiftungsvorstände, die unentgeltlich tätig sind oder für ihre Tätigkeit ein geringfügiges Honorar von maximal Euro 500 im Jahr erhalten. Sie haften nur noch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Die Wertgrenze orientiert sich an dem Steuerfreibetrag für Vereinsvorstände. Allerdings gelten die Haftungstatbestände im Sozialversicherungs- und Steuerrecht weiterhin (§ 28e SBG IV, §§ 34, 69 AO).

Vertretungsregelung
§ 26 BGB stellt nunmehr klar, dass der Verein/Verband von der Mehrheit der Vorstandsmitglieder vertreten wird. Durch die Satzung kann aber nach wie vor eine andere Regelung festgelegt werden.

Elektronische Anmeldung zum Vereinsregister
Die Anmeldungen zum Vereinsregister, eines Vorstandswechsels oder einer Satzungsänderung können künftig auch in elektronischer Form beim Registergericht eingehen. Ebenso wird das Vereinsregister auch in elektronischer Form geführt. Eine Anmeldung in Papierform, wie bisher, ist aber weiterhin möglich. Bei Satzungsänderungen muss auch der vollständige Wortlaut der Satzung ergänzend mit eingereicht werden.

Diverse weitere Änderungen
Das Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister enthält darüber hinaus weitere registerrechtliche Änderungen, die Anmeldungen und Eintragungen erleichtern und den Informationswert des Vereinsregisters erhöhen sollen.


14. Abzugsverbot für häusliches Arbeitszimmer: BFH äußert Zweifel 

Kernproblem
Seit dem Veranlagungszeitraum 2007 sind Aufwendungen für ein beruflich oder betrieblich genutztes häusliches Arbeitszimmer nur noch steuerlich abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet. Von der Neuregelung sind u. a. Lehrer betroffen, weil diese den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit regelmäßig in der Schule haben. Nicht nur Lehrer verfolgen daher gespannt den Verlauf des Verfahrens, welches ein Lehrer-Ehepaar vor dem BFH wegen des Abzugsverbots führt. Dem Ehepaar war im Rahmen des Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahrens der Freibetrag verwehrt worden. Im Aussetzungsverfahren hat sich der VI. Senat jetzt kritisch geäußert.

Entscheidung im Aussetzungsverfahren
Nach der Auffassung des BFH bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung. Die Frage werde in der Literatur kontrovers diskutiert und habe zu unterschiedlichen Entscheidungen der Finanzgerichte geführt. Der Senat sei deshalb bei der Interessenabwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls im Streitfall dem Interesse des Steuerpflichtigen an einem vorläufigen Werbungskostenabzug ein überwiegendes öffentliches Interesse, insbesondere das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung, nicht entgegenstehe. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung selbst hat sich der BFH nicht geäußert. Diese Fragestellung bleibe dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Konsequenz
Wer nicht auf das Hauptsacheverfahren warten möchte und einem Streit nicht aus dem Wege geht, der sollte den Abzug im Veranlagungsverfahren (trotz Vorläufigkeit) oder den Eintrag auf der Lohnsteuerkarte beantragen. Die Verwaltung hat mittlerweile reagiert und hilft den Anträgen des Steuerpflichtigen vorläufig ab, wenn das Arbeitszimmer bei mehr als 50 % der betrieblichen Tätigkeit genutzt wird, oder wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.


15. Insolvenzverwalter darf nur ausnahmsweise Lohn zurückverlangen

Kernaussage
Weiß ein Arbeitnehmer, dem der Arbeitgeber in der Krise noch Zahlungen auf rückständige Lohnforderungen erbringt, dass der Arbeitgeber außerdem noch anderen Arbeitnehmern Lohn schuldig ist, rechtfertigt allein diese Kenntnis nicht den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit oder -einstellung des Arbeitgebers. Ist der Gläubiger ein Arbeitnehmer des Schuldners ohne Einblick in die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Unternehmens, trifft ihn in der ihm bekannten Krise insoweit keine Erkundigungspflicht.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des insolventen Arbeitgebers. Dieser betrieb ein Bauunternehmen mit ca. 40 Arbeitnehmern. Ab Herbst 2003 geriet er mit den Lohn- und Gehaltszahlungen in Rückstand und war ab Mai 2004 zahlungsunfähig. Der Beklagte, ein dort beschäftigter Elektroinstallateur, erhielt im Juli noch seinen für März und April ausstehenden Lohn. Der Insolvenzverwalter forderte die Lohnzahlungen vom Beklagten zurück. Die Klage war erstinstanzlich teilweise erfolgreich, das Berufungsgericht und der BGH wiesen die Klage ab.

Entscheidung
Weil der beklagte Arbeitnehmer von der Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers keine positive Kenntnis gehabt habe, kann ihm nach Ansicht des BGH nur seine Kenntnis von den Begleitumständen vorgehalten werden, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Gehen aber in die Vorstellung des Arbeitnehmers Annahmen ein, die einen Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit nicht zwingend nahelegen, fehlt es ihm an einer für die Insolvenzanfechtung erforderlichen Kenntnis. Anders als institutionelle Gläubiger oder solche mit Insiderwissen trifft einen außenstehenden Kleingläubiger zudem keine Pflicht, sich nach der Zahlungsfähigkeit seines Schuldners zu erkundigen. Dementsprechend konnte der Beklagte Umfang und Bedeutung der Lohnrückstände mangels Kenntnis aller anderen offenen Forderungen nicht einordnen.

Konsequenz
Ein Insolvenzverwalter kann nur mit großer Mühe vor Gericht den Nachweis führen, dass ein Arbeitnehmer negative (Presse-) Mitteilungen, z. B. über gesperrte Kreditlinien, kannte. Er wird daher vorsichtig die Erfolgsaussichten einer Lohnanfechtung prüfen müssen, um eine Schmälerung der Insolvenzmasse durch sinnlose Prozesskosten zu vermeiden.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de